120 Wettkämpfer und fast 1000 Schnupperschützen beim Bördetag-Biathlon
Der Bördetag in Soest ist schon eine “runde Sache”. Die gesamte, sehr sehenswerte Altstadt wird für ein langes Wochenende zur Aktionsfläche mit großen Bühnen, auf und vor denen es am Abend richtig abgeht, während über Tag eine Vielzahl an Mitmachevents, Kunst und Kulinarik den zahlreichen Besuchern viele Gelegenheiten zum Erleben und Zuschauen bieten. Wir kennen dieses tolle Event bereits von 2019 und mussten 2020 und 2021 die Corona-Absagen miterleben, bevor es an diesem herrlich sommerlichen Wochenende ein Comeback wie aus dem Bilderbuch für dieses Spektakel in der heimlichen Hauptstadt Westfalens gibt.
Der Domplatz wird zur Biathlonarena
Der Sonntag wird zum Familientag des Bördetag-Wochenendes und lockt viele Besucher auch auf den Domplatz, wo die Biathlon-Tour ein Teil des Mitmachprogramms ist und immer wieder zu den Wettkämpfen ein lebendiges Publikum an der Seite hat, das die Wettkämpfer mit viel Applaus unterstützt und den Domplatz zeitweise in eine wahre Biathlon-Arena verwandelt. Der Samstag ist etwas weniger besucherstark, doch gerade dieser Tag begeistert uns wegen eines bemerkenswert mitmachfreudigen Publikums, so dass bereits dieser erste von zwei Biathlon-Tagen rund die Hälfte der 120 Wettkämpfer und fast 1000 Schnupperschützen beisteuert.
Der magische Moment des Biathlons in 2-4 Minuten
Der Bördetag-Veranstalter, die Soest Marketing GmbH, hatte sich, wie 2019, dafür entschieden, beide Biathlon-Tage für das spontane Mitmachevent zu nutzen, bei dem jede/r Neugierige sowohl spontan zum Schnupperschützen, als auch nachfolgend gleich als Wettkämpfer/in in Aktion treten kann. Es findet also in Soest kein Biathlon-Teamevent statt, das in vielen Tourstädten zum Highlight des Biathlon-Tages wird. Hier auf dem Bördetag ist das aber auch gar nicht nötig, denn auch die spontanen Wettkämpfe ziehen immer wieder Publikum an und fördern ein tolles Biathlonfest mit dem von der BIathlon-Tour bekannten, kurzweiligen Modus mit 400m Skilanglauf auf den Thoraxtrainern und 5 Schüssen Stehendschießen aus 10 m Entfernung auf die Ziele mit 45 mm Durchmesser. Das Schießen ist bei diesem Jederfrau/-mann-Biathlon damit etwa halb so schwierig wie bei einem Profi-Biathlon, etwa bei Olympischen Spielen. Das ist aber auch hier in Soest herausfordernd genug, denn Erfolgserlebnisse gehören ja zu einem Biathlonfest zwingend dazu und 4 Wettkämpfer erreichen sogar das fehlerfreie Schießen und erzielen 5 Treffer mit ihren 5 Schüssen nach der 400m-Belastung. Weitere 15 Wettkämpfer/innen erweisen sich bei 4 Treffern mit 5 Schüssen ebenfalls als beeindruckend treffsicher. Der schnellste fehlerfrei schießende Wettkämpfer holt sich den Titel des Soester Biathlonchampions und gewinnt die Reise zum Finale der Biathlon Deutschland-Tour im Februar 2023 in Oberhof im Thüringer Wald, wo alle Etappensieger 2022 auf Skiern und am Kleinkalibergewehr, zuvor trainiert von Biathlon-Olympiasieger 2006, Michael Rösch, um den Toursieg 2022 kämpfen und zugleich mit Begleitung unsere Gäste im Athletenhotel und bei einer zünftigen “Apres-Biathlonparty” sein werden. Die besten Wettkämpfer/innen des Bördetag-Biathlons, die um den Etappensieg und die Finalteilnahme in Oberhof kämpfen, stellen wir Euch im Folgenden, wie gewohnt, etwas näher vor.
Beeindruckend treffsichere Damen
Im ersten Wettkampf dieser 2 Tage schafft Corinne Ullrich (im obigen Bild, untere Bildzeile rechts) 4 Treffer mit ihren 5 Schüssen und gewinnt damit das Eheduell mit Hans-Peter. Dieser Auftakt steht durchaus symbolisch für manche Geschichte, die diese Etappe schreibt. Die Damen sind treffsicher hier in Soest, auch wenn sie, wie Corinne, aus Berlin kommen. Am Nachmittag wird sie bei einer Kunstausstellung selbst die Protagonistin sein, aber am Vormittag kann sie als Biathlonfan noch ihrem Hobby nachgehen. Corinne erreicht den 17. Platz unter 120 Wettkämpfer/innen und wird fünftbeste Dame.
Auch das Eheduell der Köhlers (im obigen Bild, untere Bildzeile links) ist Damensache.Sigrid überholt den schnelleren Michael mit dem letzten Schuss und 4:3 Treffern. Am Ende erreicht sie als viertbeste Dame Rang 16 der Gesamtwertung.
Zwei ganz junge Wettkämpferinnen schaffen ebenfalls starke 4 Treffer. Bei der 14-jährigen Nina Scholle (im Bild oben, oben rechts) lässt sich die aussergewöhnliche performance noch damit erklären, dass sie bereits erste Erfahrungen im Sommerbiathlon sammeln konnte und damit bereits etwas Übung im Schießen nach körperlicher Belastung mitbringt, doch die 4 Treffer der 13-jährigen Yara Aharrou (im Bild oben, oben links) sind ebenso bemerkenswert wie erstaunlich, denn Yara kommt ohne jede Schießerfahrung mit ihren Großeltern zur Biathlonarena. Ehrlich gesagt raten wir ihr auch nach einem beeindruckenden Übungsschießen mit 5 Treffern von einem Wettkampf ab, weil das Skilanglauf-Cardiogerät viel Kraft aus dem Oberkörper erfordert und wir der zierlichen, jungen Dame eine Überforderung ersparen möchten, aber zum Glück setzt sich Yara mit ihrem Wunsch zum Wettkampf durch. Sie kämpft sichüber die Skilanglaufstrecke und erzielt 2 Treffer mit ihren 5 Schüssen. Eine Stunde später ist sie wieder an der Biathlonarena und fragt, ob sie einen weiteren Wettkampf mitmachen darf. Dabei ist sie schneller und trifft mit 3 von 5 Schüssen. Wo nimmt sie nur die Kraft her? Kaum eine Stunde später verraten die leuchtenden Augen, dass Yara schon auf ihren dritten Wettkampf hinfiebert. Dabei verblüfft sie erneut, unterbietet wieder ihre Zeit, erreicht 4 Treffer und wird drittbeste Wettkämpferin dieser Etappe. Der Wille kann Berge versetzen, das beweist Yara eindrucksvoll.
2 Deutsche Meisterinnen und eine Königin
Die Geschichte herausragender Damen-Leistungen beim Bördetag-Biathlon wird weitergeschrieben. Sie sind nun aber weniger überraschend als vielmehr folgerichtig. Nina Chomse (im obigen Bild, untere Bildzeile, rechts) gewann 2017 in Altenberg mit der Westfalen-Staffel den Deutschen Meistertitel im Sommerbiathlon. Dass Sie es auch ohne Leistungstraining noch kann beweisen ihre 4 Treffer und 3:38 Minuten, mit denen Nina als 13. der Gesamtwertung zweitbeste Dame der Etappe wird.
Beste Dame der Etappe und zugleich drittbeste in der Gesamtrangliste wird Jessica Scholle, die damit ihren dritten Platz von 2019 hier in Soest nicht nur verteidigt, sondern mit 3:05 Minuten (2019: 3:23 Minuten) deutlich verbessert. Das fehlerlose Schießen mit 5 Treffern, das ohnehin nur 4 der 120 Wettkämpfern gelingt, schafft Jessica als Einzige gleich in 2 Wettkämpfen am Samstag und Sonntag. Zufall ist das natürlich nicht, denn die Lokalmatadorin startet seit vielen Jahren für den Schützenverein Dortmund-Applerbeck im Sommerbiathlon und stand dort auch bereits ganz oben auf dem Siegerpodest bei Deutschen Meisterschaften. Einziger Wermutstropfen in dieser tollen Leistung ist, dass sie Jessica auf Platz 3 statt auf Platz 1 bringt und die sympathische Sport- und Fitnesstrainerin die Qualifikation zum Tourfinale in Oberhof knapp verpasst. Falls ein Finalplatz durch Absage frei werden sollte, wird die Biathlon-Tour Jessica Scholle nachträglich zum Finale einladen. Verdient hat sie es ohnehin.
Bei so viel Biathlonklasse macht es die gerade gekürte 44. Bördekönigin, Delia Mantau, (im Bild oben, untere Bildzeile, links) sicher nicht falsch, wenn sie in ihrer schmucken Robe auf einen Wettkampf verzichtet und sich auf das Posieren am Biathlongewehr beschränkt. Sicher hätte die sportliche Königin aber auch beim Biathlon eine gute Figur abgegeben.
Treffsicher und fit zugleich
Einer, der 2019 hier in Soest schon schnell war, ist nun auch ein guter Schütze. Lukas Fricke (im obigen Bild, untere Bildzeile, rechts im roten T-Shirt) hier im Bruderduell mit Markus, macht am Biathlongewehr eigentlich alles richtig, doch ein kleiner Wackler sorgt für 4 statt 5 Treffer. Die schnelle Zeit von 2:59 Minuten, die sowohl die 400m Skilanglauf, als auch die Zeit des Schießens misst, bringt Lukas auf Platz 10 der Gesamtwertung. Damit verdrängt er Sascha Bohiv (im Bild oben, untere Bildzeile, links) aus den Top 10. Der junge Ukrainer ist, zusammen mit seinem jüngeren Bruder, Oleg, seit wenigen Wochen bei Verwandten in Soest untergebracht. Dass Sascha ein sehr guter Schütze ist könnte in Anbetracht der aktuellen Situation in der Ukraine zu vorwitzigen Kommentaren führen. Tatsache ist, dass Biathlon in der Ukraine die populärste Wintersportart ist. Bei Sascha bleibt uns in Erinnerung, dass er nach den wenigen Wochen in Deutschland unsere Sprache schon gut versteht und sich verständigen kann. Seine 4 Treffer und 3:20 Minuten sind das elftbeste Resultat des Wochenendes.
Julian Wolters aus Bad Westerkotten (im Bild oben, obere Bildzeile rechts) holte sich 2017 die Krone des Schützenkönigs im heimischen Schützenverein. Dass er auch ohne Gewehrauflage und ziemlich ausser Atem noch ein guter Schütze ist beweist er heute ebenso, wie ausdauernde Kraft auf dem Skilanglauf-Cardiogerät. 4 Treffer und 2:52 Minuten bringen ihn auf Platz 9. Noch etwas besser macht es Patrick Ladinski (im obigen Bild, obere Bildzeile links im schwarzen T-Shirt). Der Bad Sassendorfer spielt beim heimischen TuS Basketball und beweist auch beim Biathlon eine ruhige Hand. Für sein Ergebnis von 2:51 Minuten und 4 Treffer muss man schon treffsicher und fit zugleich sein. Patrick erreicht Platz 8 der Etappe.
Das Problem mit dem 6. Schuss
Dass ein zusätzlicher 6. Schuss beim Biathlon nicht unbedingt ein Vorteil sein muss, erfährt der Soester Titelverteidiger und Etappensieger von 2019, Dirk Scholle (im oberen Bild unten rechts), am eigenen Leibe. In dieser Woche erwischte den Landschaftsgärtner ein Hexenschuss, der ihn auch heute noch zu vorsichtigen Bewegungen zwingt. Derart gehandicapt reicht es für unseren Tourfinalisten von Februar 2020 in Ruhpolding zwar nicht zur Titelverteidigung, wohl aber zu famosen 2:45 Minuten mit 4 Treffern und Platz 7. Für den Kampf um den Etappensieg hat Dirk heute seinen Bruder, Tim, mitgebracht (obere Bildzeite im weissen T-Shirt). Der geübte Schütze bringt das ideale Tempo auf den Skilanglauf-Cardiogeräten mit und erreicht mit 2:15 Minuten eine Zeit, die zum Etappensieg reicht, doch ein kleiner Wackler macht aus möglichen 5 Treffern deren 4 und aus dem Etappensieg einen guten, jedoch wenig geliebten, 5. Platz.
Zwischen die beiden treffsicheren Brüder schiebt sich Phillip Koblischek (im Bild oben, untere Bildreihe ganz links im Duell mit Anna Dose). Phillip erreicht Platz 6 mit 4 Treffern und 2:41 Minuten.
Ehemaliges Jägerken macht dem Titel alle Ehre
Mit Lukas Zwadlo steht am Samstag-Nachmittag das Soester Jägerken von 2008 am Start des Biathlon-Wettkampfes. Der 34-jährige Elektronik-Ingenieur war seinerzeit ein Jahr lang Repräsentant der Stadt Soest bei zahlreichen Veranstaltungen, denn das Jägerken gilt schon etwas in der alten Hansestadt. Es erinnert an Grimmelshausens über 300 Jahre alten Roman, “Der abenteuerliche Simplicissimus”, dessen Hauptfigur, ebenso wie der Autor, einige Zeit in Soest verbringt und einen in Saus und Braus lebenden Draufgänger zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges verkörpert. Unser Draufgänger in der Biathlonarena hat Erfahrungen als Boxer und Kung Fu-Kämpfer, was ihm beim kräftezehrenden 400m-Skilanglauf durchaus von Nutzen ist. Ein wahrer Draufgänger probiert Vieles aus und so profitiert Lukas am Biathlongewehr von seiner einjährigen “Karriere” als Bogenschütze. Mit starker Präzision ist er am Samstag nach ca. 30 Wettkämpfern der Erste, dem das fehlerlose Schießen mit 5 Treffern gelingt. Damit legt sich der Ski-Alpin-Fan, der schon immer mal das Langlaufen ausprobieren wollte, mit 3:20 Minuten und 5 Treffern an die Spitze der Etappenrangliste. So erfolgreich schließen sich Kreise.
Ein Schütze fängt den Draufgänger ein
Ex-Jägerken und “Draufgänger, Lukas Zwadlo, freut sich schon auf das Finale der Biathlon-Tour 2022 in Oberhof, wo alle Etappensieger dann tatsächlich auf Skiern und am Kleinkalibergewehr um den Titel des Tourchampions kämpfen, da ist die Etappenführung schon wieder weg. Spielverderber ist Michael Krabbe, geübter Schütze im Schützenverein Ampen. Mit hohem Krafteinsatz kämpft sich der Brandmeister der Soester Freiwilligen Feuerwehr durch die 400m-Skilanglauf bis zu seiner Domäne vor. Doch ist es längst nicht ausgemacht, dass gute Schützen auch unter körperlicher Belastung und im Kampf gegen die Uhr ihre Treffsicherheit bestätigen. Michael gelingt dies ohne jeden Fehler und nach 2:54 Minuten setzt der Ampener seinen 5. Treffer und erklimmt den Etappenthron. Als wahrer Draufgänger weiss Jägerken Lukas, dass Nichts beständig ist und trägt die Ablösung an der Etappenspitze mit Fassung.
Daniel Quick: nomen est omen
Diese 3 Leistungen mit fehlerlosen Schießergebnissen, neben Lukas Zwadlo und Michael Krabbe schaffte es ja auch Jessica Scholle mit der Zeit von 3:05 Minuten (im Bericht weiter oben), wecken bei einigen Bördetag-Besuchern an diesem Samstagnachmittag den Ehrgeiz. Daniel Quick, Diplom Wirtschafts-Ingenieur und Geschäftsführer des schwedischen Automobilzulieferers Kongsberg, hat – nach eigener Aussage – viel zu wenig Zeit um sich sportlich fit zu halten. Da nutzt der Biathlonfan die Gelegenheit auf dem Bördetag gerne und vom ersten Meter seines Skilanglaufes an wird spürbar, dass der 35-jährige Soester viel Kraft und Willen in seine Biathlon-Challenge zu investieren bereit ist. Und so ganz unfit kann er nicht sein, denn Daniel hält sein kraftraubendes Tempo bis zum Ende der 400m-Strecke, die er in 90 Sekunden bewältigt und seinen Nachnamen damit zum Programm macht. Vielleicht ist er es im fordernden Berufsalltag gewöhnt, in Sekundenschnelle Konzentration und Fokussierung herzustellen, jedenfalls schafft Daniel trotz sichtbar schwerer Atmung die Anpassung an die veränderte Herausforderung am Biathlongewehr blitzschnell und sogar komplett fehlerfrei. Nach 2:19 Minuten setzt er seinen 5. Treffer und holt sich mit einer Zeit, die auch in vielen anderen Etappenstädten für den Sieg gereicht hätte, die Etappenführung. Die Leistung von Daniel Quick bleibt auch am Sonntag hier auf dem Bördetag ungeschlagen, so dass für ihn die Biathlon-Tour am 25./26. Februar 2023 beim Finale der Etappensieger in Oberhof in die nächste Runde gehen wird. Wir freuen uns schon auf das Wiedersehen mit dem neuen Soester Biathlon-Champion.
Dankeschön für eine tolle Etappe
Die Biathlon-Tour sagt herzlich Dankeschön für eine tolle 5. Etappe 2022 bei 120 mutigen und motivierten spontanen WettkämpferInnen, bei den zahlreichen empathischen und lebendigen Schaulustigen, die den Soester Domplatz an diesem Bördetag-Wochenende immer wieder zur Biathlonarena werden ließen, und natürlich an Bördetag-Organisator, Michael Schiewe, und sein ganzes Team der Soest Marketing GmbH für die ausgezeichnete Zusammenarbeit und das besucherstarke Umfeld zum Bördetag.
Bilder: Siegward Pein, Technik: Kai Garske, Mitmacherbetreuung: Silvia, Jana und Dirk Harmeling, Text: Martin Bremer