Shopping & Wintersport zwischen den Jahren
Es ist schon ein besonderer Termin für die letzte Etappe der Biathlon-Tour 2024 in der Festspielstadt Bad Hersfeld im Nordosten Hessens. Weihnachten noch im Herzen und Silvester fest im Blick bietet das Stadtmarketing den Einheimischen an diesem 29.12. einen verkaufsoffenen Sonntag zwischen den Jahren mit Wintersportaktivitäten. Winterflair bringen nicht nur der 3. Citybiathlon in der Fußgängerzone und das Eisstockschießen auf dem Lingplatz in die Innenstadt, sondern auch die Temperatur um den Gefrierpunkt und die in wärmende Kleidung mit Handschuhen, Schals und Mützen “eingepackten” Menschen, die etwas Zeit mitgebracht haben und das jahreszeitlich passende Eventangebot sichtlich zu schätzen wissen. Wie aktuell das Stadtmarketing mit seinem 3. Citybiathlon für alle Neugierigen tatsächlich ist, zeigt schon der Blick voraus, denn in nur 10 Tagen startet mit dem Biathlon-Weltcup im nur ca. eine Autostunde entfernten Oberhof das Highlight des deutschen Biathlons, bei dem die komplette Weltelite dieser Sportart am Start stehen wird. Und so erleben wir einen lebhaften Tag mit erfreulichem Interesse am Biathlon mit rund 400 Schnupperschützen, 60 Wettkämpfenden und, über den Tag verteilt, immer wieder Zuschauertrauben bis in die Dunkelheit hinein mit einem empathischen und unterstützungsfreudigen Publikum. Dieses Jederfrau-/mann-Biathlonevent wird auch vom Hessischen Rundfunk entdeckt und darüber am gleichen Abend im Rahmen der Hessenschau berichtet (Zum Anschauen des 90 Sekunden-Videos aus der Hessenschau braucht Ihr nur auf das Bild über diesem Text klicken)
Jung und alt, Frauen und Männer, Spaß und Ehrgeiz
Es ehrt die Biathlon-Tour, dass Bad Hersfelds engagierte Bürgermeisterin, Anke Hofmann (im Bild in der roten Jacke), wie vor 2 Jahren bereits, erneut an den Start ihres nunmehr zweiten Biathlons geht. Dabei legt sie eine tolle Verbesserung hin. Nach einem Treffer mit 5 Schüssen im Januar 2023 schafft die erste Frau der Stadt heute 3 Treffer mit ihren 5 Schüssen nach den anstrengenden 400 m auf dem Skilanglauf-Cardiogerät. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Tochter Imke erneut zum Biathlonchampion der Familie Hofmann wird und nach ebenfalls 3 Treffern mit 3:36 Minuten rund eine Minute vor der Mama liegt. Beide können mit ihren Biathlonqualitäten überzeugen und erhalten ihren wohlverdienten Applaus. Das gelingt heute noch einigen weiteren Damen und am Ende ist es ein bisschen so, wie bei den Biathlonprofis, denn da sind die Deutschen Damen ihren männlichen Kollegen aktuell auch einen Schritt voraus. Hier in Bad Hersfeld kämpft die gerade 14 Jahre junge Sophie Wink (im weissen Kapuzenpulli) als Vorjahressiegerin und Finalistin der Biathlon-Tour in Oberhof um die Titelverteidigung. Heute reicht es für die junge Ausnahmesportlerin wegen eines Schießfehlers nicht zu einem Platz ganz vorne, aber von Ihr wird weiter unten noch die Rede sein. Dafür werden zwei andere Damen zu Meisterschützinnen und bringen nach dem 400 m Cardioskilanglauf alle 5 Schüsse aus 10 m Entfernung in den Zielen mit 45 mm Durchmesser unter. Dieses Kunststück gelingt heute dreien der 60 Wettkämpfenden. Von ihnen wird im Verlaufe dieses Nachberichts ebenso die Rede sein, wie von den Versuchen der Männer, mit diesen weiblichen Leistungen Schritt zu halten. Lange Zeit will es mit dem fehlerlosen Schießen jedoch nicht gelingen. Dennoch, 16 Wettkämpfende schaffen ein Ergebnis mit 4 oder 5 Treffern. Das ist, auch im Vergleich mit anderen Etappen, eine sehr gute Bilanz.
Treffsichere Damen, schnelle Herren
Eine besondere Stärke unseres Jederfrau-/mann-Biathlons liegt im Modus Treffer vor Zeit, denn dieser ermöglicht tatsächlich zunächst einmal allen die Chance auf eine gute Platzierung und nicht nur den stärksten Athleten, die mit höchstem Krafteinsatz durch die Cardioloipe stürmen. Nach ganz vorne in der Etappenrangliste sollen es jene Neugierigen schaffen, die den magischen Moment des Biathlons am besten bewältigen, nämlich den plötzlichen Wechsel aus der Belastung in die vollständige Ruhe, die maximale Konzentration und Körperbeherrschung, um ausser Atem alle 5 Schüsse ins Ziel zu bringen. Und so “spült” unsere Etappenrangliste also nicht unbedingt die Schnellsten ganz nach vorne. Beispielhaft wird das deutlich im Bild oben links. Im Familienduell der Bätzings kämpfen Ute und Rainer um den Titel des Familienchampions, während ihr Sohn, Jim, uns bereits mit einem großartig schnellen und kraftvollen 400 m Skilanglauf Freude machte und das Biathlongewehr nach 2 Treffern und 2:27 Minuten schon wieder auf seinen Platz zurückgelegt hat. 2 Treffer bedeuten aber auch 3 Fehlschüsse und diesen Mangel an Treffsicherheit nutzen seine Eltern, um den sportlichen Wettbewerb mit Jim für sich zu entscheiden, was ihnen vermutlich in vielen anderen Sportarten nicht mehr gelingen dürfte. Doch hier schafft Rainer Bätzing, der seit über 30 Jahren als Pfarrer zusammen mit seiner Frau die Gemeinde der Bad Hersfelder Matthäuskirche betreut, starke 4 Treffer mit seinen 5 Schüssen und mit 3:52 Minuten den 14. Platz der Etappenrangliste. Doch auch diese Leistung reicht nicht zum Titel des Familienchampions, denn Ute ist eine der beiden Meisterschützinnen des Tages und bringt alle 5 Schüsse ins Ziel. Seit einigen Wochen ist sie Gehörlosenseelsorgerin in Bad Hersfeld und Marburg und vermittelt den Glauben durch Gebärdensprache. Dass sie dies mit höchst ruhiger Hand tut, beweist sie am Biathlongewehr. Nach 4 Treffern 2023 sind es heute 5 Treffer und 4:23 Minuten. Es ist das zweitbeste Resultat des Tages. Alle Achtung!
Das gilt nicht weniger für Katharina Dieckmann (im Bild oben rechts) aus Göttingen. Die in Bad Hersfeld aufgewachsene Deutschlehrerin hätte es vermutlich in den meisten Sportarten schwer, den Familiensieg zu erringen, denn Ehemann, Simon, und Vater, Johannes, sind ebenso gut trainiert wie ehrgeizig und schaffen es auch in der Biathlon-Rangliste auf die Plätze 7 und 5 mit jeweils 4 Treffern in 2:40 und 2:29 Minuten. Da hilft nur Eines: sie muss Meisterschützin werden. Und genau das gelingt ihr auch. 5 Treffer und 4:36 Minuten bringen die sportliche Pädagogin auf Platz 3 der Etappenrangliste. Bei einem weiteren Wettkampf schafft Katharina 3:46 Minuten und ist nahe dran, Ute Bätzing als beste Dame abzulösen, doch mit dem letzten Schuss verfehlt sie in diesem Moment das Ziel und bleibt bei 4 Treffern. Eines wird jedoch heute deutlich. Die Treffsicherheit liegt auf der Seite der Damen und das ist auch gar nicht so selten der Fall bei der Biathlon-Tour.
6 aus den Top 10
So häufig sind sportliche Männer heute knapp davor die Etappenführung zu übernehmen, sie machen ganz Vieles sehr richtig, doch es ist der kleine Wackler innerhalb eines ansonsten perfekten Biathlonwettkampfes, der sie eint. Besonders symbolisch wird das bei Johannes Rahner (untere Bildzeile ganz rechts), weil sein Wackler erst mit dem letzten Schuss passiert, der nach bis dahin 4 Treffern und 2:29 Minuten zum verflixten Schuss wird und am Ende statt der Etappenführung den 5. Platz bringt. Auch Jan Ahlers (untere Bildzeile ganz links) und Arzen Balidemaj (untere Bildzeile zweiter von links) zeigen bei ihrem Duell Athletik und Treffsicherheit zugleich, aber können den einen Schuss, der zum Spielverderber wird, nicht abschütteln. Arzen wird mit starken 2:19 Minuten und 4 Treffern Vierter, Jan holt mit 2:36 Minuten und 4 Treffern den 6. Platz. Aufopferungsvoll kämpft sich Sascha Heil (obere Bildzeile, links) durch die Loipe und muss, stark ausser Atem, nur einen Fehlschuss hinnehmen. Mit 4 Treffern und 3:22 Minuten belohnt er sich mit dem 10. Platz. Roman Wink (obere Bildreihe, mitte) erweist sich einmal mehr als starker Sparringspartner seiner Tochter, Sophie, doch der perfekte Biathlon bleibt heute auch ihm vorenthalten. 4 Treffer und 3:11 Minuten bringen ihn auf Platz 9, einen Platz hinter Gernot Lang (obere Bildreihe, rechts). Der Langstreckenläufer kennt uns bereits von der Etappe im Mai 2023 beim Rennsteiglauf. Heute bei seiner Heimetappe legt er 4 Treffer und 2:58 Minuten hin. Das sind sie, 6 der 10 Besten des Tages. War es das schon mit den männlichen Versuchen den weiblichen Doppelsieg noch abzuwenden?
Der Nachwuchs macht Freude
Eine besondere Freude entfaltet sich an der Biathlonarena, ob in Bad Hersfeld oder anderswo, stets dann, wenn Nachwuchssportler die Herausforderung annehmen und in den Wettbewerb starten. Die Biathlon-Tourchallenge ist jedoch gleich doppelt “kraftintensiv”, denn die 400 m in der Cardioloipe werden in der klassischen Doppelstocktechnik zurückgelegt und erfordern vollen Muskeleinsatz aus dem Oberkörper und besonders aus den Armen. Danach wartet dann ein immerhin 4 kg scheres Infrarot-Biathlongewehr, das in Augenhöhe für rund eine Minute komplett ruhig gehalten werden muss. Dass dennoch sogar bereits 14-Jährige dabei um den Sieg kämpfen können, beweisen heute Sophie Wink aus Schlitz und Georg Sicker, der mit seinen Eltern aus Dresden zu Gast in Bad Hersfeld ist. Sophie Wink ist dabei für uns keine Überraschung mehr, denn bereits vor einem Jahr holte sich die damals 13-jährige Sommerbiathletin bei der Touretappe am Lollslauf-Samstag die Finalteilnahme. Seinerzeit fragten wir uns, wie das möglich ist, wie sie sich mit ihrer zierlichen Figur sogar mehrfach durch den kraftraubenden Wettkampf kämpfen kann und am Ende stets gute Schießergebnisse stehen. Mittlerweile hat die junge Ausnahmesportlerin mit ihren Leistungen längst selbst die Antworten gegeben und holte in ihrer Saison 2024 für den SV BImbach gleich 4 Deutsche Vizemeisterschaften im Targetsprint und Sommerbiathlon in der Schülerinnen-Klasse. Beeindruckend ist nicht nur ihre Treffsicherheit, sondern auch ihr Geschick, das Gewicht des Gewehres mit dem gesamten Körper und eben nicht allein mit den Armen zu tragen. Obwohl es für Sophie heute nicht zur erneuten Finalteilnahme reicht und sie mit 4 Treffern und 4:25 Minuten drittbeste Dame und gesamt-16. wird, überrascht sie uns dennoch erneut, denn wie sie die Kraft und Motivation für gleich 5 Wettkämpfe und damit insgesamt 2000 m in der Doppelstocktechnik bündelt und in keinem der 5 Versuche weniger als 3 Treffer hinlegt, das haben wir in 9 Jahren Biathlon-Tour so noch nie erlebt. Es wird einmal mehr deutlich, dass neben dem Talent eben auch ein unterschütterlicher Wille als Antriebskraft wirkt. Sophie kann beides sogar im Übermaß einsetzen und ist damit so einfach als sportliches Nachwuchs-Juwel zu erkennen.
Eine besondere Qualität zeigt auch der sächsische Leichtathlet, Georg Sicker, an diesem Biathlontag. Der 14-Jährige geht ohne Biathlonerfahrung in seinen ersten Wettkampf, den er, erwartungsgemäß, mit 3 Fehlschüssen auf Platz 40 abschließt. Eine gute Stunde später ist er zurück an der Biathlonarena, meldet sich ein zweites Mal an und schon seine Körpersprache zeigt, dass er sich etwas vorgenommen hat. Wunderbar, wenn es nur eine einzige Qualität gäbe, die wir jungen Sportler/innen vermitteln dürften, dann genau diese, die eigene Motivation im Herzen wahrzunehmen, ihr Raum zu geben und ihr schließlich zu folgen. Was geschieht, lässt sich bereits erahnen, denn Georg verbessert sich gleich um 100% und bringt 4 seiner 5 Schüsse ins Ziel. Damit erreicht der junge Mittelstreckenläufer einen Platz unter den Besten dieser Etappe und zweifellos ist er auf einem guten Weg, seine sportlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen.
Der Hausmeister wird Biathlonchampion
Als dieser verkaufsoffene Sonntag in seine letzte Stunde geht, sich die Dunkelheit bereits über die Innenstadt gelegt hat und nur noch vereinzelte Neugierige das Biathlongewehr zur Hand nehmen, da glauben auch wir bereits an den ersten weiblichen Doppelsieg bei einer Touretappe 2024 durch Ute Bätzing und Katharina Dieckmann. Doch dann kommt er doch noch der “Damenschreck” von Bad Hersfeld. Peter Sauer, mit Frau und Kind beim Einkaufsbummel, stellt die Tüten ab und legt im Probeschießen so locker 5 Treffer hin, dass wir ihm natürlich die Teilnahme am Wettbewerb anbieten. Unterstützt von seiner Familie startet der Inhaber eines Hausmeisterservices in Bad Hersfeld in seine Biathlonchallenge und wir finden mit Leonid Makrov noch einen Sparringspartner für das letzte Duell des Tages. Peter, Fitnessfan und aktiv im Schützenverein, startet mit den besten Voraussetzungen und kommt in seiner dicken Jacke bei mittlerweile wieder anziehender Kälte gut als Erster durch die 400 m Skilanglauf. Bis dahin ist das nicht verwunderlich, so haben wir es heute bestimmt 30 mal erlebt, dass ein Wettkämpfer schneller als unser führendes Damenduo an das Biathlongewehr wechselt, doch dort blieb eben Niemand ausser Ute und Katharina fehlerfrei bei seinen 5 Schüssen. Doch wenn der Hausmeister gerufen wird, dann weiss er um Rat und macht seine Sachen ordentlich. Peter trifft mit dem ersten, zweiten und dritten Schuss. So schnell steht die Rangliste des gesamten Biathlontages auf der Kippe. 4. Schuss: Treffer. Er macht das so cool, als könne er in 10 Tagen beim Biathlon-Weltcup in Oberhof gleich die nächsten Treffer setzen, was dem Deutschen Männerteam ja durchaus helfen würde. Mit dem 5. Schuss holt sich Bad Hersfelds treffsicherster Hausmeister nach 3:11 Minuten last minute den Titel des Biathlonchampions und wird die Festspielstadt am 29. März 2025 beim Tourfinale aller Etappensieger in Oberhof vertreten. Herzlichen Glückwunsch, Peter, aber natürlich sind wir in diesem Moment hin und her gerissen, hätten den beiden Damen den Doppelsieg ebenfalls gegönnt.
Die Biathlon-Tour sagt Dankeschön
Mit einem herzlichen Dank an alle Wettkämpfenden für ihre Motivation und den sportlichen Einsatz, sowie an das empathische und unterstützende Publikum endet diese letzte Touretappe einer tollen Saison 2024. Es gab so viele Gründe Dank zu sagen in diesem Jahr, etwa an mein Team der Biathlon-Tour, das mehr als die Hälfte der Wochenenden dieses Jahres ebenso aufopferungsvoll wie zuverlässig so viele großartige Etappen vorbereitet und begleitet hat oder bei unserem Partner und Hauptsponsor, Eurorepar Car Service, der nun schon 6 Jahre in Folge der Biathlon-Tour die Treue hält und als Finanzierer des Tourfinals in Oberhof das ganz große Jahreshighlight ermöglicht. Der letzte Dank des Jahres gilt dem Fachbereich Stadtmarketing der Stadt Bad Hersfeld mit dem Organisator dieses Tages, Noah Seitz, für die gute Zusammenarbeit und das Vertrauen in die Biathlon-Tour.
Bilder: Gisi Feulner und HNA, Aufbau/Abbau, Technik, Wettkampfbetreuung: Marco und Luca Feulner und Siegward Pein, Social Media-Betreuung: Lena Bremer und Marvin Meisel; Text und Moderation: Martin Bremer