Interview mit Martin Bremer vor dem 2. Citybiathlon in Oberhof am 10.08.2024
1.Gibt es ein anderes Wort für „Thoraxtrainer“ und wann standest du zum ersten Mal auf einem?
Wir reden immer von Skilanglauf-Cardiogeräten oder Skilanglauf-Ergometer. Darunter können sich die Leute mehr vorstellen. Als ich sie im Herbst 2015 entdeckte und testete ging es ganz schnell. Zum damaligen Tourfinale im Dezember 2015 während des Biathlon auf Schalke hatten wir bereits drei davon im Einsatz.
2.Was motiviert dich persönlich, Jahr für Jahr den Citybiathlon zu organisieren und zu betreuen?
Ich bin einfach Sportler. Früher selbst, als Langstreckenläufer und Marathoni und auch heute mag ich die ganze Welt des Wettkampfsports. Die Biathlon-Tour macht mir viel Spaß und das ist die beste Voraussetzung um viel leisten zu können. Denn viel Arbeit ist die Tour tatsächlich. Es ist einfach schön zu erleben, dass z.B. Mitmachende, die schon länger keiner sportlichen Anstrengung mehr nachgegangen sind sehr glücklich und stolz auf sich sind, wenn sie sich erleben, nachdem sie ja gesagt haben zu dieser kleinen Anstrengung und Mut hatten mitzumachen. Aktives Erleben verzaubert Menschen, verzaubert Situationen. Das erlebe ich auch oft bei unseren Teamchallenges.
3.Wie sehen deine Pläne für die Zukunft des Citybiathlons aus? Gibt es bestimmte Ziele oder Visionen, die du verfolgst?
Wir möchten einfach immer etwas besser werden, die Menschen positiv überraschen. Sei es mit dem Drehbuch der Teamchallenge, mit der Moderation, mit der Stimmung, die das Event erzeugt.
Ein bisschen dabei mitzuhelfen in unserem Land einen entspannten Mitmachgeist zu kultivieren, wie ich ihn als Kind in den 80er Jahren selbst noch erleben durfte, hört sich klein an hat aber für mich schon die Größe einer Vision. Und klar, jedes Biathlontalent, das wir finden und in dem man sportlich, charakterlich, mental den Rohdiamanten erkennen kann, beseelt den Sportler und Coach in mir.
Citybiathlon in Oberhof
4.Was können die Zuschauer in diesem Jahr (in Oberhof) vom Citybiathlon erwarten? Gibt es besondere Attraktionen oder Neuerungen?
Zunächst einmal sind wir ja auf dem besten Wege in diesem Jahr auch eine Teamchallenge anbieten zu können. Es sind schon einige vierköpfige Teams angemeldet. Das wird ein schönes Spektakel aus Sport, Stimmung, Teamgeist und zieht hoffentlich weitere Schaulustige an. Persönlich erfreut mich der geplante Inklusionsbiathlon mit erfolgreichen Parasportlern aus Oberhof, mit Johannes Rank, Ivonne Möller, Selina Ortlieb, Peter Hänsgen sowie ihrem Trainer, Michael Roth. Wir werden dafür eigens eine akkustische Biathlonschießanlage für Sehbehinderte Menschen mitbringen. Gezielt wird dabei mit den Ohren anstatt mit den Augen. Eine faszinierende Technik, die auch von allen Sehenden an diesem Tag ausprobiert werden kann.
5.Wie groß ist die Vorfreude bei dir und deinem Team auf die diesjährige Veranstaltung?
Eine Deutschlandweite Biathlon-Tour, die nicht in Oberhof halt machen würde wäre doch wie eine Heim-EM im Fußball, die nicht in Dortmund spielt. Oberhof ist der Sehnsuchtsort aller Biathlonfans und das gilt natürlich auch für uns. Darüber hinaus ist der Mitmachgeist für Biathlon in Thüringen generell erfreulich groß, das haben wir in den zurückliegenden Jahren sowohl in Oberhof, als auch beim Rennsteiglauf in Schmiedefeld oder in der Erfurter Innenstadt oder in Gera erlebt. Also ja, wir freuen uns sehr auf die Rückkehr nach Oberhof.
6.Was ist das Besondere am Austragungsort Oberhof?
Bei jeder unserer Etappen bewerben wir unser Tourfinale mit allen Etappensiegern, dass im kommenden Jahr bereits zum dritten Mal in Folge in der Oberhofer Skihalle stattfinden wird. Wenn wir Oberhof in den Etappenstädten ansprechen, dann sieht man bei Vielen ein Glänzen in den Augen. Diejenigen, die schon einmal beim Biathlon-Weltcup live dabei waren möchten wiederkommen und diejenigen, die ihn nur aus dem TV kennen möchten irgendwann mal live dabei sein. Oberhof ist Biathlon-Emotion at its best.
7.Worauf freust du dich besonders, wenn du an die Etappe in Oberhof denkst?
Ich persönlich mag den rauhen Thüringer Wald, in dem man sich selbst im August nicht sicher sein kann, den Sommer anzutreffen. Dann freue ich mich auf hoffentlich den einen oder anderen Leistungssportler aus dem Internat oder aus den Wintersportvereinen, wie im Vorjahr Albert Hyneck und Kimi Funk. Und besonders freue ich mich darauf, einmal wieder eine Etappe gemeinsam mit Ebs Rösch zu haben. Ebs ist in den letzten Jahren so richtig zum Entertainer geworden und lernt das so schnell und gut, wie er in jungen Jahren den Biathlonsport gelernt hat. Auf ihn können wir uns alle freuen, die am 10.08. bei der Etappe dabei sind. Ebs wird Coach, Sparringspartner, Edelfan, Siegerehrer, Filmer, Co-Moderator sein. Ein toller Typ!
8.Was macht den Citybiathlon in Oberhof einzigartig im Vergleich zu anderen Veranstaltungsorten?
Zunächst möchte ich sagen, dass ich beeindruckt davon bin, wie viel Mühe die 4 Orte des Oberzentrums, und speziell Anne Schlegel und Tina von Nordheim in die Organisation und Kommunikation für das Event investieren. Das ist großartig und aussergewöhnlich und wird sich sicherlich auch positiv auszahlen.
Und dann hoffe ich, dass wie im Vorjahr auch wieder viele Biathlonfans unter den Urlaubsgästen hier sind. Im Vorjahr war viel Interesse seitens der Urlauber für die Biathlon-Tour zu spüren.
9.Gibt es besondere Momente oder Anekdoten, die dir aus den vergangenen Malen (hier in der Region) in Erinnerung geblieben sind?
Unsere beiden Tourfinals in Oberhof im Februar 2023 und 2024 waren schon sehr speziell und emotional. Manche Etappensieger kamen mit eigenen Fantrupps, die dann die Oberhofer Skihalle in ein Tollhaus verwandelt haben. An dieser Stelle nocheinmal herzlich dankeschön an den Zweckverband Wintersportstätten und an die Mitarbeiter der Skihalle für ihr Verständnis. Na ja und die Partys in der Nacht nach dem Finale sind legendär. Aber da wird nichts verraten.
10.Wie ehrgeizig sind die Teilnehmer hier? Kann man Vergleiche zu anderen Orten ziehen?
Kimi Funk und Albert Hyneck waren im letzten Jahr schon sehr ehrgeizig. Ich glaube, Kimi ging 6 Mal in den Wettkampf, aber am Ende hat doch Albert Hyneck gewonnen. Albert war auch im Finale sehr ehrgeizig und war etwas enttäuscht über seinen 3. Platz unter den 30 Etappensiegern. Eigentlich ja ein tolles Resultat, aber so sind sie eben die Leistungssportler. Die Urlauber und Biathlonfans im Vorjahr brachten vor allem gute Laune, Interesse und eine sympathische Dankbarkeit für das Angebot der Biathlon-Tour mit. Ehrgeiz stand da weniger im Mittelpunkt als das Erleben selbst. Die Mischung aus beidem passt ganz gut für unsere Etappen.
11.Wie empfindest du hier die Atmosphäre im Vergleich zu anderen Austragungsorten?
Wir haben in vielen Innenstädten, bei verkaufsoffenen Sonntagen oder im Rahmen von Cityfesten häufig mehr „Laufpublikum“ als auf dem Oberhofer Stadtplatz. Deswegen ist die gute Kommunikationsarbeit von den 4 Orten des Oberzentrums so hilfreich. Ich bin sehr optimistisch, dass wir eine tolle Atmosphäre erleben werden am 10.08. auf dem Oberhofer Stadtplatz.
Organisation des Citybiathlons
12.Kannst du uns einen Blick hinter die Kulissen der Organisation geben? Was sind die größten Herausforderungen und wie meisterst du diese?
Die zeitlichen Abläufe in der Organisation der einzelnen Events müssen natürlich passen und gut eingehalten werden. Aber ansonsten halte ich es so, wie die Sportler, wesentlich ist immer der aktuelle Moment. Am 10.08. bin ich voll und ganz in Oberhof. Das merken die Leute, ob man ganz und gar bei Ihnen ist. Und natürlich gehört die Woche vor dem 10.08. ebenfalls der Etappe in Oberhof. Gute Vorbereitung ist unersätzlich.
13.Wie klappt deiner Meinung nach die gemeinsame Organisation der Veranstaltung durch die KAG und dir?
Wir sind ja schon gut eingespielt. Mit Anne Schlegel haben wir bereits zweimal bestens zusammengearbeitet für die Biathlons beim Stadtfest in Zella-Mehlis und auch die Kooperation mit Oberhof Tourismus für das Biathlonevent im Vorjahr funktionierte sehr gut. In diesem Jahr habe ich den Eindruck, dass die KAG besonders motiviert ist ein tolles Event zu veranstalten. Vielleicht ist die Power, die 4 Orte in der Organisation erzeugen können einfach auch größer, als wenn ein Ort auf sich allein gestellt ist? Jedenfalls ist der Takt in der Kommunikationsarbeit und die Präsenz des Events in den lokalen Medien und in social media aussergewöhnlich und beispielhaft.
Motivation zum Mitmachen
14.Gibt es Athleten, die aufgrund der positiven Erfahrungen wiederholt an der Veranstaltung teilnehmen? Was geben diese für Feedback?
Ja, das ist tatsächlich so und motiviert uns im Team doppelt. Zum einen das Wiedersehen mit tollen Menschen und zum anderen ist „Wiederkommen“ das schönste Lob für unsere Veranstaltung. In besonderer Weise trifft das übrigens auf unsere Etappensieger in den Tourstädten zu. Ganz viele, die einmal das Tourfinale miterlebt haben möchte wieder dabei sein. Wenn die Tour dann vielleicht nicht mehr in „ihrer“ Stadt Station macht, dann kommen sie uns nachgereist. Manche veranstaltenden Städte sind da gar nicht so glücklich drüber, weil der Siegerpreis dann vielleicht nicht von einem Einheimischen gewonnen wird. Ich persönlich freue mich aber über diese Vielzahl an Wertschätzungen.
15.Ist es schwer, beim Citybiathlon mitzumachen? Welche Voraussetzungen müssen die Teilnehmer erfüllen?
Wenn man gewinnen möchte und der Etappensieg die große Motivation des Teilnehmenden ist, dann ist es natürlich schon schwer. Die oder der Beste zu werden setzt immer eine aussergewöhnliche Leistung voraus. Aber wenn das Biathlonerlebnis an erster Stelle steht und man einigermaßen entspannt mit dem eigenen Ergebnis umgehen kann, dann ist es vor allem ein großer Spaß und man erlebt sich mal in einer Situation, die die Meisten eben noch gar nicht kennen. . Wir mögen besonders unsere Teilnehmenden, die noch nie ein Gewehr in der Hand hatten, denn dann sind wir auch als Coaches gefragt und häufig kommen die Erfolgserlebnisse rasch. Super sportlich muss man auch nicht sein, denn es sind ja nur 400 m in der Loipe zu absolvieren. Das schafft eigentlich jede(r) mit mehr oder weniger Anstrengung. Was unsere Mitmacheenden tatsächlich benötigen ist Mut. Denn sie lassen sich auf einen Wettbewerb ein von dem sie nicht wissen, wie gut sie dabei am Ende sein werden? Das fällt den Menschen schwer. Wir hoffen auf viele Mutige, denn Mut ist eine großartige Eigenschaft.
16.Welche Tipps würdest du neuen Teilnehmern geben, die zum ersten Mal beim Citybiathlon starten möchten?
Am besten machen es diejenigen, die während ihrer Zeit an der Biathlonarena so richtig in die Welt des Biathlons eintauchen. Das heisst, lieber 3, 4 oder 5 Serien schießen als nur eine und dabei selbst die Erfahrungen machen, was funktioniert und was nicht. Grundsätzlich hilft auf den Thoraxtrainern die Kraft aus dem Oberkörper, aber an den jüngsten Bewegungstalenten sieht man schön, wie sie fehlende Kraft durch Schwung aus dem ganzen Körper ausgleichen. Am Biathlongewehr hilft vor dem ersten Schuss das tiefe Durchatmen am besten 3, 4 oder 5 mal, um den Atem einigermaßen kontrolliert zu bekommen. Wenn das geschafft ist können die Schüsse im schnellen Rhythmus erfolgen. Aber natürlich muss man für ein gutes Schießen mental voll da und wach sein. Wenn man mit den Gedanken bei der abendlichen Party ist, dann wird das nix.
Aus deiner Sicht, letzter Satz: Warum sollte man sich unbedingt für eine Staffel oder am Einzelwettkampf anmelden?
Weil es für jeden einzelnen ein frisches, neues Erlebnis in einer tollen Atmosphäre ist. Weil wir mit unserem Equipment dem tatsächlichen Biathlon ziemlich nahe kommen und weil es speziell im Thüringer Wald eigentlich Niemanden geben sollte, die oder der nicht zumindest einmal selbst einen Biathlonwettkampf ausprobiert hat.
Vielen Dank für das Gespräch