Wittlicher Biathlonfest gelingt sogar bei Regen
In Wittlich, der schönen Einkaufsstadt an der Lieser in der Moseleifel, hatte die Biathlon-Tour bisher stets Glück mit dem Wetter, was ja zum ersten Novembersonntag gar nicht so selbstverständlich ist. Heute reisst diese Glückssträhne und wir kommen bei Regen auf dem heimeligen Marktplatz an. Die Meteorologen sagen einen fast durchgehend nassen Tag voraus und natürlich machen wir uns etwas Sorgen um eine unserer Lieblingsetappen der Vorjahre. Doch die Sorgen erweisen sich als unbegründet. Es wird zwar tatsächlich immer mal wieder nass an diesem verkaufsoffenen Sonntag, doch in den Regenpausen bilden sich rasch immer wieder Menschentrauben und sorgen für jene herrliche Biathlon-Atmosphäre, die wir nun schon im vierten Jahr hier in Wittlich erleben dürfen. Hunderte Neugierige finden im Laufe des Tages den Weg unter den großen Tour-Pavillon und nehmen unser Angebot an, die Biathlongewehre kennenzulernen und die eigene Treffsicherheit zu testen. Dies bleibt für die Mitmacher ebenso kostenlos, wie die Teilnahme am Wettbewerb um den Etappensieg, der von fast 50 motivierten Wettkämpfern angenommen wird, die bis zum Etappenende um 18 Uhr viel Spannung und Stimmung in diesen Tag bringen.
Es ist für uns schon auch ein trauriger Tag, denn unser Gastgeber der Vorjahre, Karsten Mathar vom Wittlicher Stadtmarketing, verstarb im Mai diesen Jahres unerwartet. Dieses Event ist so eng mit ihm und seinem Engagement verbunden, dass man meint, ihm hier auf dem Marktplatz zu begegnen, wo die von ihm geführte Tourist-Information heute geschlossen bleibt, vor der in den Vorjahren ein munteres Hallo bei Glühwein und Kakao die Marktplatz-Atmosphäre mitprägte. Claudia Jacoby, die Inhaberin der Wittlicher Altstadt-Buchhandlung, übernahm in den vergangenen Wochen die Organisation der Vorbereitung zum heutigen Event, wofür wir uns herzlich bedanken möchten.
Die meisten der 48 Wettkämpfer haben nie zuvor einen Biathlon-Wettkampf bestritten und lassen sich spontan inspirieren, sich der 2-4-minütigen Herausforderung zu stellen. Stets, wenn 2 oder 3 Mutige gefunden sind, wird der nächste 400 m Skilanglauf auf den bereitstehenden Cardiogeräten gestartet, die den Doppelstockschwung simulieren. Die meisten Wettkämpfer haben nach 90 – 150 Sekunden die Strecke geschafft und wechseln dann ans Biathlongewehr, mit dem aus 10 m Entfernung 5 Schüsse Stehendschießen auf die 5 Ziele mit 45 mm Durchmesser abgegeben werden. Etappensieger wird die- oder derjenige mit der höchsten Trefferzahl. Sollte mehreren Wettkämpfern das fehlerlose Schießen mit 5 Treffern gelingen, so gewinnt der Schnellste unter ihnen. Die oder der Beste aus Wittlich wird Gast der Biathlon-Tour zum Finale am 8./9. Februar 2020 in Ruhpolding. Dort findet in der bekannten Chiemgau-Arena auf Skiern und am Kleinkalibergewehr das Finale aller Tour-Etappensieger statt. Olympiasieger Fritz Fischer wird den Wittlicher Sieger am 8.2.2020 persönlich auf dieses Finale vorbereiten. Der Preis enthält die Übernachtung für den Etappensieger + Begleitung sowie die Siegerparty am Abend des 8.2.2020 in der Zirmbergalm. Eine, die dem Etappensieg hier in Wittlich schon recht nahe kommt, ist Marlene Bardua (im Bild oben im weissen Pullover). 4 Treffer und 3:58 Minuten als Zeit für die 400 m und die 5 Schüsse bringen Marlene bis auf Platz 7 der Etappenrangliste nach vorne. Und den Sieg im Familienduell mit Vater Holger, der 2 Treffer erzielt, gibt’s noch obendrauf.
Erstes Top-Resultat schon am Mittag
Die Wittlicher Händler hatten gerade ihre Geschäfte geöffnet, da startet an der Biathlonarena der 5. Wettkampf des Tages. Dabei trifft der Wirtschaftsingenieur aus Manderscheid, Rouven Schlimmer (im Bild oben, oben rechts) auf den Biolandwirt Axel Hilckmann (im Bild oben am mittleren Gewehr) und Eugen Ludwig (im roten Pullover). Dabei ist der 40-jährige Rouven, der viele Jahre in der Bezirksliga für die SG Buchholz kickte, ganz schön flott in der “Loipe” und zeigt die bisher größte Treffsicherheit des Tages. 4 seiner 5 Schüsse landen im Ziel und zusammen mit den starken 2:16 Minuten ist das ein durchaus “Etappensieger-verdächtiges” Ergebnis. Auch Biolandwirt Axel schlägt sich sehr gut. Seine 3 Treffer und 2:56 Minuten bedeuten am Ende Platz 13 in der Etappenrangliste. Eugen erreicht mit 2 Treffern und 3:08 Minuten den 35. Platz.
Ein Wiedersehen mit guten Bekannten
Seitdem wir 2016 erstmals hier auf dem Wittlicher Marktplatz Station machen, sind sie als unermüdliche Wettkämpfer dabei und wir hatten sie gleich lieb gewonnen. Die Sibirischen Brüder Walter und Jakob Schaubert. 2016 holte Walter den 6. Platz der Etappe und gewann das Bruderduell, doch 2017 gelang Jakob die Revanche, als er Drittbester des Tages wurde (Walter: 12.). Im Vorjahr führte Jakob die Etappe sogar lange an und wurde am Ende mit seinem fehlerlosen Schießen in 2:22 Minuten nur von Marco Feulner besiegt, der im Tourfinale in Ruholding später den 4. Platz unter den 35 Etappensiegern erreichte. Das “Markenzeichen” der beiden ist ihre erstaunliche Fitness. Auch heute wieder starten sie gleich viermal innerhalb zweier Stunden in den Wettkampf und gehen dabei jedesmal ein sehr schnelles Tempo in der “Loipe”. Nun sind die beiden ja auch keine 18 mehr, was ihre Leistung umso erstaunlicher macht. Im Bild oben geht Jakob, der als Fernfahrer arbeitet, in der mittleren Loipe im schwarzen Dress ins Rennen, Walter, der Reifen bei der Firma Dunlop produziert, startet im hellgrauen Pulli und Axel Jeutter (blauer Pullover) komplettiert den Dreikampf.
Jakobs Siegesserie im Bruderduell verlängert sich in diesem Jahr und er schafft es wieder unter die besten 3 der Etappe. Dabei kommt er bis auf 2 Sekunden an den Führenden heran und erreicht 2:18 Minuten und 4 Treffer. Walter wird 10. mit 2:26 Minuten und 3. Treffern, und Axel Jeutter belegt Platz 12 mit 2:50 Minuten und 3 Treffern. Wie schön, die beiden Jahr für Jahr mit nicht nachlassender Fitness am Start zu haben. Doch wir haben in diesem Jahr ganz vergessen, den beiden für ihre Leistungen Shootingstar-T-Shirts zu überreichen. Also, Ihr Lieben, wenn ihr das lest, dann schickt uns bitte per Email eure Postanschrift!
Nur ein kleiner Wackler verhindert die Etappenführung
Durch die schnelle Zeit von 2:16 Minuten, die der Führende, Rouven Schlimmer mit 4 Treffern erreichte, lässt sich die Etappenführung wahrscheinlich nur mit einem fehlerlosen Schießen, also 5 Treffern, holen. Wie schwer jedoch diese perfekte 5er-Serie ohne einen einzigen Wackler zu erreichen ist, müssen selbst die Besten dieses Tages erleben. Dieter Zisgen, der sich vom Moselstädtchen Oberfell hierher nach Wittlich aufmachte ist einer von denen, die der Etappenführung ganz nahe kommen. Ein einziger Fehlschuss bedeutet aber auch für ihn Platz 5 statt Platz 1. Dieter schafft 2:47 Minuten.
Der letzte Schuss bringt die Entscheidung
Als bemerkenswert lernfähig erweist sich Moritz Tömmes (im Bild am rechten Gewehr). Seinen ersten Biathlon-Wettkampf beendet der Fußballer des SV Hetzerath mit 4:32 Minuten und 2 Treffern auf Platz 40. Doch schon 20 Minuten später versucht es der sympathisch ehrgeizige Koch ein zweites Mal und wir trauen unseren Augen kaum. Moritz legt in der Loipe ein Tempo vor, dass er im ersten Wettkampf nicht einmal andeutete. Am Biathlongewehr schießt er nach nur kurzer Verschnaufpause und trifft gleich mit dem 1. Schuss. Er bleibt konzentriert und trifft mit dem 2. Schuss, trifft mit dem 3. Schuss und auch der 4. Schuss erreicht das Ziel. Nun steht er ganz kurz vor der Etappenführung. Am vergangenen Sonntag erklärte uns Biathlon-Olympiasieger Michael Rösch beim Interview in Holzminden, warum der 5. Schuss vielen Biathleten so schwer fällt. Der Kopf nimmt das Denken wieder auf, einige Gedanken schweifen schon auf die anstehenden Kilometer in der Loipe ab und es fehlt eine Nuance an der vollen Konzentration. Wo Moritz mit seinen Gedanken ist, wissen wir nicht, aber auch für ihn wird dieser 5. zum verflixten Schuss. Das vielkehlige “oooaaah” der Schaulustigen begleitet seinen Fehlschuss, der ihm Platz 4 mit 2:38 Minuten anstatt der Etappenführung beschert.
Die letzte Etappenstunde
Das Schicksal des verflixten letzten Schusses ereilt auch Andreas Karbach (im Bild oben, links). Der Elektroinstallateur versucht es mit ausgedehnten Wartepausen zwischen den Schüssen und benötigt für seinen Wettkampf 5:51 Minuten. Doch der 5. Schuss verfehlt auch bei ihm das Ziel. Und als Gleiches auch dem selbständigen Medientechniker, Jochen Kirch aus Osann-Monzell (im rechten Bild auf dem mittleren Thoraxtrainer) passiert, der mit 3:50 Minuten ebenfalls in letzter Sekunde die Etappenführung verpasst und stattdessen auf Platz 6 landet, da deutet alles auf den Etappensieg des schon so lange führenden Wirtschaftsingenieur Rouven Schlimmer hin. Doch ein letzter Wettkampf liegt noch vor uns auf dem mittlerweile dunklen und im Regen liegenden Marktplatz.
Das perfekte Schießen kommt im letzten Moment
Der Wittlicher Marktplatz ist bereits nahezu menschenleer, unser liebenswerter Nachbar, Akyüz, hat seinen Feinkoststand schon geschlossen und rechts von uns reinigt Heinz Kula seine Creperie, die den ganzen Nachmittag für den verführerischen Duft auf dem Marktplatz sorgte. Der Regen schimmert auf dem nassen Pflaster und an der Biathlonarena suchen Jochen Kirch und der Bitburger Sportschütze, Marcel Schicke (im Bildvordergrund) ihre letzte Chance auf den Etappensieg. Dritter im Bunde ist Marco Blechschmidt. (im olivegrünen Pulli). Während Jochen bei diesem 2. Start nicht fehlerlos durch die ersten 4 Schüsse kommt und auch Marco bei 2 Treffern stehenbleibt, bringt Marcel, der sich 2014 bei seiner St. Hubertus Schützenbruderschaft Salm zum Schützenkönig schoss, eine Trefferserie in Gang. Zum vierten Mal in den vergangenen 2 Stunden leuchten 4 grüne Trefferlampen auf. Wird es dem in Gerolstein arbeitenden Orthopädie-Schuhmacher mit dem letzten Schuss besser ergehen, als den drei zuvor Gescheiterten. Ebenso geistesgegenwärtig, wie unser Fotograf Harry bleibt in dieser Situation auch Marcel und holt sich mit seinem 5. Treffer um kurz vor 18 Uhr mit 4:02 Minuten den Last-Minute-Sieg der Etappe in Wittlich. Der 26-Jährige ist Wittlichs Kandidat beim Tourfinale am 8./9. Februar in Ruhpolding und wir sind gespannt, ob er dort auch das letzte Wort haben wird.
Unser abschließender Dank gilt allen Wettkämpfern, die mit ihrem Mut und ihrer Motivation diesem 4. Wittlicher Biathlon-Sonntag die Lebendigkeit einhauchten und die erneut erfreulich zahlreichen Schaulustigen auf dem Marktplatz bestens unterhalten haben. Ein herzlicher Dank geht an Claudia Jacoby, die gewiss als Inhaberin der Altstadtbuchhandlung nicht über Arbeitsmangel klagen muss, doch in diesem schwierigen Jahr für das Wittlicher Stadtmarketing die Verantwortung nicht scheut und auch für uns in der Organisationsphase stets bereit war.
Bilder: Siegward Pein Text: Martin Bremer